Mehr als Plastik: Wie MedTech und Bioökonomie die Zukunft prägen


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Nov 26 2024 42 mins  
Im Interview mit Julian Lotz, CEO und Mitgründer Biovox GmbH

00:00 – Einführung: Vorstellung vom Start-Up BIOVOX, die Business Idee und Betätigungsfeld. Fokus auf nachhaltige Kunststoffe in der Medizintechnik
05:45 – Die Herausforderungen eines regulierten Marktes und der Wichtigkeit von Zertifikaten und Normen
12:30 – Prozessoptimierung und Skalierung: Von der Produktentwicklung zur Serienproduktion
17:50 – Fehler und Learnings: Warum frühes Testen und Fokussieren entscheidend sind
22:00 – Teamaufbau und Unternehmenskultur beim Scale-Up
28:10 – Internationalisierung und der Blick auf zukünftige Märkte wie USA, Japan und Europa
33:15 – Motivation und Vision: Warum unternehmerische Motivation der Schlüssel zum Erfolg ist
37:00 – Markenstrategie und Kommunikation: Wie sich das Unternehmen positioniert und kreative Ansätze nutzt
40:00 – Ausblick: Die nächsten Schritte und die Weiterentwicklung des Unternehmens. Neue Märkte. Neue Produkte.


Summary der Folge:



  1. Marktpotenzial


Im Gesundheitswesen, in Krankenhäusern, in Laboren entsteht unfassbar viel Müll – Tag für Tag. Weil hier hauptsächlich Einwegprodukte zum Einsatz kommen und sehr viel Verpackungsmüll entsteht. Mit fossilen Kunststoffen habe ich schon heute eine vergleichsweise günstige und verfügbare und sichere Möglichkeit, um Einmalprodukte zu produzieren und zu nutzen. Diese Einmalprodukte haben zudem den Vorteil, dass sie auch oft sicherer sind, als wenn ich ein Produkt nochmal aufbereite. Bei einer Aufbereitung sind die Restrisiken zu hoch und die willst zu unbedingt in Kliniken und im Gesundheitswesen insgesamt unbedingt vermeiden. Und da kann ein fossiler Kunststoff meistens die nachhaltigste Lösung sein.


Das Problem ist: Ganz viele dieser Produkte, wie Spritzen, Schläuche, irgendwelche Einmalklemmen, Scheren, Pinzetten, was auch immer, sind aus Kunststoff und bringen ganz viel Verpackung mit sich. Hier besteht eine relativ große Stellschraube, um den CO2-Fußabdruck oder die Umwelteinwirkungen im Gesundheitswesen zu reduzieren.


Die Produkte im Krankenhaus machen etwa 20 Prozent des Fußabdrucks aus. Der größte Anteil davon sind Kunststoffe. Das Volumen ist zwar am Gesamtkunststoffmarkt relativ klein – knapp 2% von 390-400 Millionen Tonnen Kunststoff, die ungefähr jedes Jahr neu in der Welt sind. Aber absolut gesehen sind das immer noch so um die 15 Millionen Tonnen. Zum Vergleich: ein Commerzbank-Tower wiegt 200.000.



  1. Als Start-up in einem regulierten Markt


Im Gesundheitswesen hast du immer die Herausforderung eines regulierten Marktes. Als Hersteller von medizinischen Kunststoffen müssen alle Produkte strengen regulatorischen Anforderungen entsprechen, einschließlich detaillierter Dokumentation und Zertifizierungen. Diese Erfordernisse sind entscheidend, um Vertrauen bei den Kunden aufzubauen und den Zulassungsprozess effizient zu gestalten.


Das macht es besonders wichtig, nach den anerkannten internationalen Normen zu testen, um sicherzustellen, dass die Produkte sowohl in Europa als auch in anderen Märkten zugelassen werden. Dies erfordert die Zusammenarbeit mit Partnern, die die notwendigen Zertifikate und Testverfahren haben und die Sprache der Branche sprechen.



  1. Prozesse und Skalierung


Skalierung ist für Start-Ups immer ein wichtiger Aspekt. Idee und Produkt sind das eine, die Marktreife das nächste, die Skalierung und Serienproduktion dann das Andere.


Die Skalierung eines Produkts, besonders im Medizintechniksektor, erfordert nicht nur die Erweiterung der Produktion, sondern auch die Schaffung von stabilen, zertifizierten Prozessen. Das Unternehmen muss sicherstellen, dass alles vom ersten Design bis hin zur Serienproduktion validiert und zuverlässig abläuft. Auch wenn es dabei Herausforderungen gibt, wie etwa unvorhergesehene Probleme bei der Produktionsumstellung, bleibt das Ziel, die Prozesse kontinuierlich zu optimieren.


Wachstum durch Kundenfeedback: Gerade im Bereich der Medizintechnik ist es wichtig, frühzeitig mit Kunden zu sprechen und deren Feedback in die Produktentwicklung einfließen zu lassen. Nur so ist man nah dran, welche Bedürfnisse bestehen, welche Lösungen gebraucht werden und was dem Kunden wirklich hilft. Es kann auch andere Hersteller geben, die ähnliche Produkte und Qualität anbieten. Wenn ich aber als Unternehmen die Dokumentation mitliefern kann, so wie es der Kunden als Medizintechnikhersteller braucht. Wir die Zertifikate haben, die sie brauchen, um mit uns arbeiten zu können und nach den Normen testen, nach denen auch die Kunden testen, haben wir den Vorsprung, den es braucht als Start-Up.



  1. Learnings im Startup-Prozess


Fehler als Lernchance: Zu Beginn einer Gründung ist man schnell versucht noch weitere Einnahmequellen zu suchen, um auch schwierige Phasen zu überbrücken und Umsatz reinzuholen. Das Learning von BIOVOX ist: Bleib fokussiert auf dein Produkt und vergeude keine Ressourcen. Der Versuch mit einem B2C-Produkt – nachhaltige Handyhüllen – auf den Markt zu bringen, weil es mit den gleichen Rohstoffen und deren Verfahren auch möglich war, ging in die Hose. Als das Produkt ready to go war, wurde der Markt bereits von anderen, günstigeren Anbietern dominiert. Die Lektion daraus ist, dass man sich auf die Kernprodukte fokussieren und nicht unnötige Risiken durch nicht zielgerichtete Projekte eingehen sollte.


Keine Angst vor frühem Testen im Markt: Es schadet nicht, schnell auf den Markt zu gehen und in den ersten Phasen kontinuierlich zu testen, was funktioniert und was nicht. Dies gilt besonders für Produktentwicklung und Marketingstrategien, die immer wieder angepasst werden müssen, um den richtigen „Product-Market-Fit“ zu erreichen.


Motivation und unternehmerische Vision sind wichtige Faktoren für einen langfristigen und nachhaltigen Erfolg. Als Gründer und mit seinem Team sollte man letztlich wissen, warum und wofür man es tut.



  1. Markenstrategie und Kommunikation


Im B2B Umfeld ist kreative Kommunikation und innovatives Marketing nicht immer leicht – sagt man.


BIOVOX zeigt, wie es anders geht. Wie man sich durch Ansprache, einem unkonventionellen Markenauftritt abheben kann und gleichzeitig durch sinnvolle Kooperationen und Allianzen die Glaubwürdigkeit und Expertise transportiert, die das Thema braucht und das in der Branche wichtig ist



  • Wichtigster Punkt: viel Awareness schaffen und Wissen vermitteln. Den Allermeisten ist klar, dass Nachhaltigkeit eine Herausforderung und ein Thema für das Gesundheitswesen ist. Trotzdem haben viele noch nicht die Erfahrungen gemacht, nicht das Wissen aufgebaut, wie man es tatsächlich in der Praxis umsetzen kann.


Beispiel: Wir haben die Allianz für nachhaltige Medizintechnik mit ins Leben gerufen. Wir haben erst ein kleines eigenes Austauschnetzwerk aufgebaut, wo wirklich dann vom Materialhersteller wie wir über Verarbeiter, Entwicklungsdienstleister, dann die Medizintechnikunternehmen, Krankenhäuser, Kliniken, Entsorger, wirklich die ganze Kette vertreten ist. Bei den Treffen gibt es Impulsvorträge von Expertinnen und Experten, Talks drumherum und Diskussionen, die sich jedes Mal einem anderen Aspekt und Thema widmen.



  • Kompetenz und Seriosität aufbauen: Du musst im medizinischen und pharmazeutischen Bereich als sehr kompetent wahrgenommen werden. Und diese Kompetenz auch überzeugend zeigen. Am Ende geht es bei unseren Produkten um Menschenleben. Haftungsrisiken gehen damit einher. Es muss also alles stimmen, funktionieren und du wissen, wovon du sprichst. Das machen wir über sehr viel Content, der auf wissenschaftlicher Grundlage überprüfbar, valide und korrekt ist und deswegen einen echten Wissensgewinn bringt.


  • Seriös bedeutet nicht langweilig: Entscheidend ist, das darf halt nicht langweilig und dröge sein. Wenn du über eine Medizintechnikmesse gehst, ist vieles dunkelblau, was Logos und Gestaltung angeht. Es stehen Vitrinen mit ganz vielen kleinen winzigen Plastik- oder Metallteilchen überall rum. Du läufst da vorbei, du hast keine Ahnung, was das ist, selbst wenn du aus der Branche bist.



Wir setzen da ein bisschen dagegen. Unsere Farben sind ein helleres Blau, wir haben ein poppiges Pink mit drin. Und dann darf es auch mal ein Klemmbaustein-Dino sein, den wir verschenken als „Fossil Farewell“, dass die Leute dann als Projektmaskottchen haben.


Wir gestalten die Ansprache und unser Auftreten frischer, und wollen auch anders sein. Wir duzen ganz viel in allen Formaten, die nicht eine Person dezidiert anspricht, was in der Branche völlig unüblich ist. Und wir haben keine Hemmung zu zeigen, dass wir auch Spaß bei der ganzen Arbeit wichtig finden. Die Menschen, die in der Branche arbeiten, sind ja nicht dröge. Aber die kriegen einfach ganz wenig Spaß von ihren Lieferanten mitgeliefert. Und das machen wir, glaube ich, ein bisschen anders.


Der Podcast wird unterstützt von der dfv Mediengruppe. https://www.dfv.de/


Moderator:innen und Gast der Folge:
Alicja auf LinkedIn https://www.linkedin.com/in/alicja-feltens/
Julian Lotz auf LinkedIn https://www.linkedin.com/in/julian-lotz/
Website BIOVOX: https://www.biovox.systems/


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www.marketingclub-frankfurt.de