Folge 413: Wie die Sonne nicht leuchtet


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Oct 22 2020 19 mins   1.7k 7 0
Glühender Stein oder elektrische Kugel? Sternengeschichten Folge 413: Wie die Sonne nicht leuchtet In dieser Folge der Sternengeschichten erfahrt ihr, wie die Sonne nicht leuchtet. Wie die Sonne ihre Energie produziert habe ich ja schon in den Folgen 168 und 169 erklärt; sehr ausführlich. Sie tut das durch Kernfusion, aber darum soll es ja heute nicht gehen. Sondern darum, wie sie ihre Energie nicht produziert. Und nein, das ist bei weitem keine so blöde Idee für ein Thema wie es klingt. Denn es hat erstaunlich lange gedauert bis wir herausgefunden haben, wie unser Stern funktioniert und auch wenn der Weg dorthin voll mit falschen Ideen ist, ist es ein sehr interessanter Weg auf dem man jede Menge lernen kann. Die Sonne gehört ja zu den Himmelskörpern die man nicht erst extra entdecken muss. Übersehen kann man sie ja kaum wenn sie tagsüber unsere Welt erleuchtet. Aber mehr als dass da ein helles Licht am Himmel ist, das sich über diesen Himmel bewegt und immer wieder für eine gewisse Zeit verschwindet, wusste man lange Zeit nicht. Schon gar nicht, was die Ursache für ihr Licht ist. Zuerst - also in vorhistorischer Zeit; also in der Zeit vor ein paar Tausend Jahren die wir Bronzezeit oder Steinzeit nennen, musste man sich darauf beschränken, den Lauf der Sonne am Himmel der Erde zu verstehen. Dass es in Wahrheit gar nicht die Sonne ist die sich bewegt sondern die Erde, die sich um ihre Achse dreht, wusste damals niemand und es konnte auch niemand wissen. Man konnte nur das wissen, was man direkt sehen konnte. Und das war die Bewegung der Sonne am Himmel, die sich wunderbar dafür eignete, einen Überblick über die Zeit zu behalten. Auch darum soll es heute aber nicht gehen; wie das funktioniert hat, habe ich schon mal in Folge 89 erzählt. Ein bisschen später, also um die Zeitenwende vor knapp 2000 Jahren herum stellte man im antiken Griechenland erste Vermutungen über die Größe zur Sonne und ihre Distanz zu Erde auf. Meistens waren die Resultate dieser Überlegungen weit von der Realität entfernt - aber immerhin fing man mal damit an, sich solche Gedanken zu machen und die Sonne als Objekt zu betrachten und nicht als Manifestation der Götter. Und hier treffen wir auf Anaxagoras. Der Mann mit dem Namen der klingt wie aus einem Harry-Potter-Roman war ein griechischer Philosoph der im 5. Jahrhundert vor Christus lebte. Er war einer der ersten, der das Universum ohne Rückgriff auf Götter zu erklären versuchte. Im Gegensatz zu seinen Zeitgenossen stellte er sich die Sonne schockierenderweise nicht als Gottheit vor. Sondern als einen Stein. Einen sehr großen Stein; größer als die Peloponnes, also die griechische Halbinsel die Athen gegenüber liegt. Sie hat eine Fläche von circa 22.000 Quadratkilometer; ungefähr ein Viertel der Fläche von Österreich, ein Drittel der von Bayern oder die Hälfte der Fläche der Schweiz. Was aus damaliger Sicht wie ein wirklich großer Stein gewirkt haben muss. Und dieser Stein müsste glühendheiß sein, deswegen würde die Sonne leuchten. Das klingt ein wenig absurd, aber Anaxagoras war - zumindest was diese eine Sache angeht - quasi der erste Sonnenphysiker. Er wollte erklären wie die Sonne leuchtet und hat dafür nicht auf irgendeine religiöse-magische Erklärung zurückgegriffen, sondern auf ein natürliches Phänomen das er auch in seinem Alltag beobachten konnte- Dass er damit völlig daneben lag, schmälert seine Leistung ein wenig. Aber nicht viel. Man muss sich erst einmal trauen, so einen Gedanken zu haben - in einer Zeit, in der es allen anderen als vollkommen normal erscheint dass das leuchtende Ding am Himmel eine Gottheit ist, braucht man viel kreativen Erklärungswillen um sich eine andere Ursache auszudenken. Und gefährlich war es außerdem: Anaxagoras wurde angeklagt, weil er die Göttlichkeit der Sonne in Frage stellte und zum Tode verurteilt. Einflußreiche Freunde konnten ihn davor bewahren; aber er wurde verbannt und ins Exil geschickt - bis [...]