Cybergrooming und Kinderschutz – Rechtsbelehrung Folge #72


Episode Artwork
1.0x
0% played 00:00 00:00
Jan 22 2020 75 mins   643

In dieser Folge beschäftigen wir uns mit einem ernsten Thema, der gezielten Ansprache Minderjähriger zwecks Anbahnung sexueller Kontakte, bezeichnet als „Cybergrooming„.

Als Gast haben wir den Cyberkriminologen Thomas-Gabriel Rüdiger, M. A. Kriminologie, AkadR eingeladen. Er forscht als Kriminologe zu digitalen Straftaten und Interaktionsrisiken sozialer Medien, der Polizeiarbeit im Internet mit dem Schwerpunkt Cybergrooming am Institut für Polizeiwissenschaft (IfP) und ist Dozent an der Hochschule der Polizei des Landes Brandenburg (Seine Webseite mit Links zu Publikationen und Interviews sowie Social Media Präsenzen bei Twitter, Facebook, Instagram und LinkedIn).

Unser Gast umschreibt als eine der wesentlichen Ursachen des Cybergroomings mit dem „Broken Web Phänomen„. Nach seiner Ansicht führen die als Beiträge oder Kommentare dauerhaft sichtbare Rechtsverletzungen im Internet, zur Senkung der Hemmschwelle bei den Tätern.

Als Lösung fordert Thomas-Gabriel Rüdiger neben

  • der frühen Aufklärung der Minderjährigen zusätzlich
  • ein schärferes Vorgehen der Plattformbetreiber gegen tendenzielle Ansprachen von Minderjährigen sowie
  • strengere Trennung zwischen Erwachsenen und Minderjährigen (z.B. in Onlinespielen)
  • eine höhere Präsenz von Polizisten im Internet und
  • die Möglichkeit die Polizeiarbeit effizient konzentrieren zu können, statt der bestehenden Pflicht jedes Delikt unabhängig von seiner Relevanz und Aussicht auf Erfolg verfolgen zu müssen (so genanntes „Legalitätsprinzip„).

Über diese Ansichten lässt sich, wie bei neuen Wissenschaftsbereichen, durchaus streiten. Denn sie sind zugleich mit Einschränkungen für erwachsene Nutzer verbunden. Auf der anderen Seite zieht unser Gast die sichtbare (und damit anfechtbare) Onlinepräsenz der Polizisten, einer heimlichen Überwachung der Nutzer vor.

Es ist sicherlich keine thematisch einfache Folge und wir bitten insoweit um Verständnis, als wir das Thema juristisch- und polizeilich mit einem sachlichen Abstand diskutieren.

Sollte das Thema für Sie jedoch zu sensibel sein oder Sie sich eine psychische und seelische Hilfe und Aufklärung wünschen, verweisen wir zusätzlich oder stattdessen auf die Informationen zu Hilfestellen und Beratung beim unabhängigen Beauftragten für Fragen des Kindesmissbrauchs.

Weitere Hinweise und Links erhalten Sie nach den Shownotes.

Wir bedanken uns bei Thomas für die Einladung und die spannenden und überraschenden Erkenntnisse.

P.S. Den neuen Podcast zur Medienerziehung von Kindern „#nur30min“, den Herrn Richter zusammen mit der Autorin des gleichnamigen Buches Patricia Cammarata veröffentlicht, können Sie via Website oder bei Itunes hören und abonnieren.

P.P.S. da dieser Unterschied im Podcast genannt wird: Verbrechen sind Straftaten, die mit einer Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr bedroht sind. Liegt die Mindestfreiheitsstrafe unter einem Jahr, handelt es sich um ein Vergehen. Bei der für Cybergrooming maßgeblichen Strafvorschrift des § 176 Abs. 4 Nr. 3 Und Abs. 4 StGB kann die Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren betragen, enthält jedoch keine Mindestdauer.

Shownotes

  • 00:02:00 – Vorstellung unseres Gastes und was ist eigentlich ein „Cyberkriminologe“
  • 00:10:00 – Was ist das Cybergrooming und warum auch Minderjährige Täter sein können
  • 00:17:00 – Das Legalitätsprinzip oder warum die Polizei auch gegenüber Minderjährigen tätig werden muss.
  • 00:20:00 – Warum es wichtig ist, auch Minderjährige als Täter vor den Augen zu haben.
  • 00:22:00 – Wann ist der Tatbestand des Cybergroomings strafrechtlich erfüllt?
  • 00:24:00 – Unterschiede zwischen Intimitätstätern und hypersexualisierten Tätern.
  • 00:28:00 – „Broken Web“, warum die Täter geringe Hemmschwellen haben und warum eine hohe Aufklärungsquote (87 %) kein gutes Zeichen ist.
  • 00:32:30 – Wie ist die Dunkelquote gegenüber den angezeigten Taten und wo sind die Täter am häufigsten anzutreffen?
  • 00:40:00 – Was ist die beste Präventationsstrategie?
  • 00:42:00 – Welche Arten von Polizeipräsenz gibt es im Netz und warum die sichtbare Polizeipräsenz im Netz wichtig ist.
  • 00:46:00 – Was bedeutet „Broken Web“ und was bedeutet die Fixierung von Gesetzesverletzungen für die Senkung der Hemmschwelle?
  • 00:54:00 – Lüchow-Dannenberg-Syndrom – Wenn man die Polizei irgendwo ins Netz schickt, dann wird die Kriminalitätsrate nicht sinken, sondern steigen.
  • 00:58:00 – Digitale Generalprävention und Verantwortung von sozialen Netzwerken.
  • 01:02:00 – Schulungspflichten für Moderatoren?
  • 01:06:30 – Ist eine Versuchsstrafbarkeit sinnvoll?
  • 01:10:30 – Was sind die Empfehlungen für Eltern?

Weitere Informationen und Links

Der Beitrag Cybergrooming und Kinderschutz – Rechtsbelehrung Folge #72 erschien zuerst auf Rechtsbelehrung.