KR352 Straßenbaubeitrag (Update, 24.9.2014)


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Feb 08 2013 104 mins   2
Trockener Titel. Er bedeutet: Viele Gemeinden haben kein Geld und wenn Straßen zu reparieren sind, kassieren die Verwaltungen einfach bei den Anwohnern ab. Zehntausende Euro. Dabei ist “Straßenbau” das erste, was einem einfällt, wenn Kinder fragen: Wozu sind denn eigentlich Steuern da? In den meisten deutschen Gemeinden gilt das nicht. Gerade hat das Bundesverfassungsgericht ein Verfassungsbeschwerde gegen diesen Missstand abgelehnt. DocPhil ist nach Suhlendorf gefahren, eine kleine Gemeinde in Niedersachsen. Dort hat er Menschen getroffen, die Privatinsolvenz beantragen wollen, wenn die Straße vor ihrem Haus repariert wird, weil sie dann 25.000 Euro überweisen müssten. Eine allein erziehende Mutter sucht nach einem Zweitjob, um den Kredit abbezahlen zu können, den sie aufnehmen musste, weil die Kommune sie die Straße vor ihrem Haus bezahlen lässt. Einer geht noch: Wer keinen Kredit bekommt, dem stundet die Gemeinde die Kosten – für 6 Prozent. Die Gemeinde verdient also noch an der misslichen Lage, in die sie ihre Bürger gebracht hat. Selbst der Bürgermeister von Suhlendorf gesteht im Gespräch, dass das wohl “nicht fair” sei und “nicht so sein sollte”. Aber er könne da nichts machen. Unsinn, sagt Ernst Niemeier. Der pensionierte Professor für Volkswirtschaftslehre sollte selbst den Straßenbaubeitrag entrichten und hat – unterstützt vom Allgemeinen Verein für gerechte Kommunalabgaben – Verfassungsbeschwerde gegen die Kommunalabgabengesetze eingereicht, die den Gemeinden erlauben, ihre Bürger für die Straßen vor ihren Häusern zahlen zu lassen. Diese Beschwerde wurde jetzt abgewiesen. Als DocPhil mit Niemeier sprach, war das noch nicht klar. UPDATE, 24.7.2014 Das Bundesverfassungsgericht hat eine Entscheidung gefällt zu wiederkehrenden Straßenbaubeiträgen und sie für zulässig erklärt. Die Pressemitteilung des BVG dazu hier. Ernst Niemeier schreibt mir dazu: “Dieses Urteil prüft das Vorhandensein eines besonderen Vorteils der Grundstückseigentümer nicht. Es geht davon aus und lehnt sich dabei an die Verwaltungsrechtsprechung an, dass ein solcher Vorteil besteht. Nicht die Zugangsmöglichkeit vom Grundstück aus wird durch die Straßenerneuerung verbessert (die im Übrigen durch den Erschließungsbeitrag abgegolten wurde), sondern die bessere und schonendere Nutzbarkeit der Straße. Diesen Vorteil haben alle Straßennutzer, die Grundstückseigentümer-Nutzer und die Fremdnutzer (die nicht mit der Allgemeinheit gleichzusetzen sind). Einen besonderen Vorteil für das Grundstück gibt es nicht. Die vom Gericht wiederholte Steigerung des Gebrauchswertes stimmt schon deshalb nicht, weil dieser Wert dann durch die Straßenabnutzung gesunken ist und die vermeintliche Gebrauchswertsteigerung nur ein Nachteilsausgleich ist. Es gibt keinen besonderen grundstücksbezogenen Vorteil. Deshalb entkräftet das Urteil unsere Kritik nicht.” UPDATE, 24.9.2014 Verwaltungsgericht Osnabrück: Landwirt obsiegt mit Klage gegen Straßenausbaubeitrag – privater Anlieger verliert