#16 - Mediation und Marketing II - Paradoxien beim Mediationsmarketing


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Mar 09 2023 8 mins   5
Die zwei grundlegenden Fehlannahmen beim Mediationsmarketing

Herzlich Willkommen zu den EdM,


dem Podcast von INKOVEMA zu den praktischen Fragen der Mediation und des Konfliktmanagements.


Ich bin Sascha Weigel und das ist Folge 16 - Mediation und Marketing II - Paradoxien beim Mediationsmarketing


Wenn wir von der Praxis der Mediation sprechen, dass müssen wir vor allem über das sprechen, was zeitlich einer Mediation vorausgeht, nämlich die werbende Ansprache von Mediator*innen und die bejahende Entscheidung für die Mediation durch die Konfliktparteien. Denn wenn die Mediation einmal zustande gekommen ist und begonnen hat, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie vorzeitig und ungelöst beendet wird, vergleichsweise gering. Starten Mediationen, führen sie in den allermeisten Fällen zu gemeinsamen Entscheidungen. Oder anders gewendet: Die Praxis von Mediation scheitert an der mangelhaften Praxis von Mediation.


> Die Praxis von Mediation scheitert an der mangelhaften Praxis von Mediation.


Deshalb müssen wir hier in diesem Lehrpodcast über Marketing sprechen.


Heute möchte ich Zwei wichtige Fehlannahmen im Mediationsmarketing ansprechen und zur Überlegung und Debatte stellen.


**1. Wer sich um Mediationen bewirbt, sollte das nicht bei Konfliktparteien tun. Konfliktparteien sind die denkbar ungünstigsten Adressaten für die Mediationsansprache.



  1. Anders als beim Anbieten von Luxusautos, Smartphone-Apps und Kochrezepten führt ein Mediationsmarketing in die Irre, das von der eigenen Liebe zur und Begeisterung von Mediation spricht.
    **
    Weshalb?


Zur ersten Fehlannahme, dass Konfliktparteien denkbar ungünstige Marketingadressaten sind: Bei Konfliktparteien um Mediation zu werben ist wie Weihnachten ein Ostergedicht vorzutragen: nett, aber wirkungslos. Menschen, die in einem eskalierten Konflikt sind, sind von einer verengten Sichtweise geprägt, suchen eher Bestätigung ihrer Sichtweise, Koalitionspartner, statt neutrale Dritte, die sich auch um die Sichtweise der anderen Seite bemühen. Konfliktparteien suchen keine Mediation. Das unterscheidet sie von präsentationswilligen Fahrerlaubnisbesitzern, die sich nach einem Luxusauto umsehen, von Smartphone-Besitzern, die eine App benötigen und von Hungrigen, die das kochende Vorspiel genießen wollen. Konfliktparteien suchen Bestätigung, weshalb die Klage bei Freunden und bei Gericht ganz probate Problemlösungsansätze sind. Hilfreich ist es vielmehr, das soziale Umfeld eines eskalierten Konflikts in den Blick zu nehmen, um Mediation zu bewerben. Also die Elternteile und Nachbarn des scheidungsunentschiedenen Ehepaares oder die erwachsenen Kinder derart zerstrittenen Eheleute. Diese haben genügend sozialen Einfluss und ausreichende Bindekraft in der Beziehung, die Mediationsidee derart zu unterbreiten, dass sie erfolgreich injiziert werden kann. In Arbeitsplatzkonflikten wären das z.B. die Personalabteilung, die Vorgesetzten und Teammitglieder, die für ein erfolgsversprechendes Mediationsmarketing in Frage kämen.
Möglich ist es natürlich auch, potenzielle Konfliktparteien anzusprechen; also Menschen, die in Konflikt geraten werden, zu einem Zeitpunkt mediative Konfliktbearbeitungsweisen zu unterbreiten, in dem der Konflikt noch nicht eskaliert oder noch gar nicht ausgebrochen ist. Da lässt sich hervorragend über antizipierende und präventive Maßnahmen sprechen, die womöglich strategisch dem Projekt- und Beziehungsziel zuträglich sind. Hier lässt die sog. Deal Mediation lauthals grüßen!


Zur zweiten Fehlannahme, dass die eigene Begeisterung und Liebe im Mediationsmarketing beseelt Ausdruck finden sollte: Wie schon erwähnt, Mediation ist kein Produkt wie eine gehypte Smartphone-App, eine schicke Luxuskarre oder ein hipes Kochrezept. Mediation ist eher wie eine Lebensversicherung, bei der es um den eigenen Tod geht, dessen Gegenwert man selbst nicht mehr verkonsumieren kann und das überhaupt zeitlich versetzt zur eigenen Geldleistung erbracht wird. Kurz; Lebensversicherungen, deren Anlass kaum ein Party-Thema ist, dessen Gegenleistung abstrakt, nicht anfassbar und anderen zugute kommt, sind schon ein schwieriges Marketing-Thema. Mediationen hingegen sind der Endgegner. Hier kann man nicht mal seine Liebsten beglücken - und auch nicht nach dem eigenen Ableben, bei der man die tatsächlichen Wirkungen nicht mehr miterleben muss. Mediationen fordern von den Konfliktparteien, dass sie Geld an jemanden zahlen sollen, der betont keine Konfliktentscheidung mitbringt, sondern ein Verfahren empfiehlt, dessen Ausgang offen, also ungewiss ist und selbst im Falle einer gemeinsamen Lösungsfindung in der Regel nicht einmal eine vollstreckbare und damit Sicherheit spendende Konfliktentscheidung zum Ergebnis hat. Ehrlich, da kann die eigene Liebe und Begeisterung durch die Mediationsperson nix ausgleichen und zur Beauftragung beitragen. Ganz im Gegenteil, sie wirken unglaubwürdig, empathielos und zuweilen regelrecht abstoßend. Etwas anderes mag gelten, wenn die Mediationsperson damit werben kann und würde, sie hätte selbst auch schon Mediation in den eigenen Konflikten durchgeführt und könne berichten, dass es sich lohne, diesen Versuch zu starten. Aber selbst in diesem Falle erscheint mir das Risiko zu groß, diese Ansprache ins Feld zu führen.
Was es bedarf bei der werbenden Ansprache für Mediation sind drei Dinge: persönliche Glaubwürdigkeit, professionelle Seriosität und soziale Autorität. Zahlen Sie - in all ihren Marketing-Tools - auf diese Dinge ein und die Chancen erhöhen sich, dass Sie von Konfliktparteien, die in der Not Lösungsansätze wollen und brauchen, für Ihre beratende Begleitarbeit beauftragt werden.


Das war's für dieses Mal, vielen Dank fürs Zuhören, und vielleicht kannst Du die ein oder andere Idee für Dich und Deine Vorgehensweise aufgreifen. Laß’ es mich gern wissen - ich würde mich freuen, davon zu hören. Und auch, wenn Du andere Ideen verfolgst, dann freue ich mich, von Dir zu hören.


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