Seit Jahrzehnten erforscht der Politik- und Kommunikationswissenschaftler Kai Hafez die Berichterstattung über den Nahen Osten. "Immer wenn Israel in einem gewaltsamen Konflikt ist, tendieren deutsche Medien dazu, stärker auf der israelischen Seite zu stehen", kritisiert er. Er beobachtet in der journalistischen Kultur einen Reflex, Israel gerade in Krisenzeiten zu schützen. Die palästinensische und arabische Seite würde grundsätzlich zu schlecht dargestellt.
Hafez findet, dass internationale Medien oft bessere Kriegsberichterstattung anbieten. Jeder Staat und jede paramilitärische Organisation führe Propagandakämpfe. Für den Journalismus bedeute das: "Die Wahrheit liegt nicht in der Mitte zwischen Propaganda und Gegenpropaganda, sondern sie liegt ganz woanders."
Welche Themen fehlen in der Berichterstattung über Israel? Was müsste sich in deutschen Redaktionen ändern, damit die Berichterstattung ausgewogener wird? Und was haben die Hierarchien in Verlagen und Sendern damit zu tun? Das erklärt der Erfurter Medienwissenschaftler in der neuen Folge von "Holger ruft an…".
Links:
- Vertrauen verloren? Deutsche Medien und der Gaza-Krieg (Doku des NDR-Magazins "Zapp")
- Was wissen wir über die mehr als 100 getöteten Journalisten in Gaza? (Übermedien-Podcast)
- Aus Solidarität mit Israel verzichtet die "Bild" darauf, über palästinensische Opfer in Gaza zu berichten
- Von wegen "doppelte Standards" in der deutschen Gaza-Krieg-Berichterstattung (Kommentar von Andrej Reisin)
- "Die deutsche Berichterstattung zum Nahostkrieg setzt meine Glaubwürdigkeit als Reporter aufs Spiel" (Kommentar von Teseo La Marca)
- Gute Tabus, schlechte Tabus: Die vertauschten Rollen in der Debatte über Israel