Die Geschichte Timors – Über „Die Leute von Oetimu“ von Felix K. Nesi


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Dec 09 2024 45 mins  
Ein Gespräch mit Sabine Müller und Katharina Borchardt

Die Geschichte Timors – Über „Die Leute von Oetimu“ von Felix K. Nesi


Wie erzählt man von Timor – einer Insel, in der sich hunderte Jahre Weltgeschichte widerspiegeln? Wie findet eine Übersetzerin umgangssprachliche Entsprechungen beim Übertragen vom Indonesischen ins Deutsche? Und wie klingt eigentlich die Sprache Uab Meto? Darüber spricht Sonja Hartl mit Sabine Müller, die Felix K. Nesis „Die Leute von Oetimu“ aus dem Indonesischen ins Deutsche übersetzt hat, und Katharina Borchardt, Expertin für Literatur aus Südostasien.


Mit jeder Seite, mit jeder Figur dieses Romans taucht man tiefer ein in die verschlungene Geschichte Timors, jener Insel nördlich von Australien, die seit dem 17. Jahrhundert geteilt ist. Der Westen gehört zu Indonesien. Der Osten ist unabhängig. In dem Roman versammeln sich in dem (fiktiven) Grenzort Oetimu 1998 alle Männer des Ortes, um das Finale der Fußball-WM zu schauen. Sergeant Ipi hat sie eingeladen. Er hat einen Fernseher und etwas zu verkünden: Er hat sich mit der schönen Silvy verlobt. Diese Ankündigung stürzt fast alle Anwesenden in tiefes Unglück: Sie sind alle in Silvy verliebt. Und doch ist dieser Abend nur der Anlass und der lose Rahmen, um von einzelnen Personen zu erzählen, die mit ihm in Verbindung stehen: Von Ipis Mutter und seinem Ziehurgroßvater. Einem ehemaligen Offizier, der in Oetimu lebt. Und der schönen Silvy.
Auf verschlungenen Pfaden bewegt sich Nesi mit viel Komik und absurden Details durch die Geschichte dieser Figuren und dieser Insel. Man folgt ihm gerne und verliert niemals den Überblick oder das Interesse. Dafür ist die Reise zu aufregend, sind die verschiedenen Lebensläufe zu spannend, die Beobachtungen und Einzelheiten zu hinreißend.


„Die Leute von Oetimu. Eine garantiert wahre Geschichte aus Timor“ stand im Winter 2024 Platz 2 des 65. Weltempfängers. Dazu schrieb Katharina Borchardt: „Die Geschichte Osttimors von der portugiesischen Besatzung bis zur Unabhängigkeit. Abenteuer, Drama, Sex und Tod! Das alles erzählt mit großer Geste: ausgreifend, komisch und voller Cliffhanger. Am Beispiel des Grenzstädtchens Oetimu. Ganz großes Kino!“


Sabine Müller ist Übersetzerin aus dem Indonesischen.


Katharina Borchardt ist Redakteurin bei SWR Kultur.


Sonja Hartl ist freie Journalistin.


Felix K. Nesi wurde 1988 in Westtimor geboren. Er hat Psychologie studiert und wurde 2015 beim Makassar International Writers Festival als „Emerging Writer“ ausgezeichnet. Er ist Mitbegründer der Komunitas Leko, die sich für Alphabetisierung einsetzt, außerdem hat er eine Buchhandlung, eine Bibliothek und ein Literaturfestival in Westtimor mitbegründet. Er schreibt Romane, Kurzgeschichte und Lyrik. Und „Die Leute von Oetimu“ gewann 2018 den Literaturwettbewerb des Kunstrats Jakarta als Bester Roman des Jahres. Außerdem wurde er 2021 mit dem Literaturpreis des indonesischen Ministeriums für Bildung und Kultur ausgezeichnet. Und 2022 war Felix K Nesi Writer in Residence an der Universität von Iowa.


Felix K. Nesi: Die Leute von Oetimu. Eine garantiert wahre Geschichte aus Timor. Aus dem Indonesischen von Sabine Müller. Edition Nautilus 2024. 312 Seiten. 25 Euro.


Folgende Titel werden in der Folge erwähnt:
Luis Cardoso: Chronik einer Überfahrt. Aus dem Portugiesischen von Karin Schweder-Schreiner. Aufbau 2001.


Luna Sicat Cleto: Offenes Meer. Aus dem Tagalog und mit einem Nachwort versehen von Annette Hug. Edition Tincatinca 2024. 96 Seiten. 26 Euro.


Zur Podcast-Folge mit Annette Hug geht es mit diesem Link.


Seit 2008 erscheint die Weltempfänger-Bestenliste auf Anregung des Autors, Übersetzers und Herausgebers Ilija Trojanow und gibt Orientierung über übersetzte Literaturen aus Afrika, Asien, Lateinamerika und der arabischen Welt. Litprom gibt die Bestenliste viermal jährlich heraus. Eine ehrenamtliche Jury aus acht Literaturkritikerinnen und Journalistinnen wählt stets sieben Titel aus. Die Weltempfänger-Bestenlisten sind auch auf der Webseite von Litprom zu finden.


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