T 1278/23 - Abgas Mix Box (Ausführbarkeit / Wiedereinsetzung Beschwerde)


Episode Artwork
1.0x
0% played 00:00 00:00
Mar 04 2025 19 mins   1
mangelnde Ausführbarkeit im Einspruchsverfahren - Beschwerde- und Beschwerdebegründungsfrist - Wiedereinsetzung

In dieser Folge sprechen Michael Stadler und Lukas Fleischer über die Entscheidung T 1278/23 einer Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts aus dem Jahr 2024, die eine Beschwerde gegen eine Entscheidung einer Einspruchsabteilung sowie die Wiedereinsetzung in die Beschwerde- bzw. Beschwerdebegründungsfrist zum Gegenstand hat.


Die Erfindung bezieht sich auf eine Vorrichtung zum Mischen von Abgasen in einer Abgasanlage einer Verbrennungskraftmaschine, was im Streitpatent als Mix Box bezeichnet wird. Die Aufgabe der Erfindung wird darin gesehen, dass eine Mischrohranordnung derart ausgebildet und angeordnet werden soll, dass trotz einfachen Aufbaus eine optimale Einmischung erreicht wird.


Auszug des Anspruchs 1:
"dass mindestens 30 % bis 50 % der Länge La mindestens ein Anteil Sf = 70 % der Strömungszonen S frei von Strömungsleitelementen (9.1) ist."


Das Streitpatent wurde im Einspruchsverfahren wegen mangelnder Ausführbarkeit in vollem Umfang widerrufen. Gegen diese Entscheidung wurde dann - nach Ablauf der Beschwerdefrist - Beschwerde eingelegt und Wiedereinsetzung beantragt.


Eine Timeline der Ereignisse:



  • 02.01.2023 Entscheidung der Einspruchsabteilung über den Widerruf

  • 12.01.2023 Zustellung der Entscheidung

  • 12.03.2023 Ende der Beschwerdefrist

  • 24.04.2023 Kenntnis über das Versäumen der Beschwerdefrist (Mitteilung der Einspruchsabteilung vom 17.04.2023 über den Abschluss des Einspruchsverfahrens)

  • 12.05.2023 Ende der Beschwerdebegründungsfrist

  • 23.06.23 Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist mit Darlegung der Umstände (keine Wiedereinsetzung in Beschwerdebegründungsfrist)

  • 07.08.2023 Mitteilung der Beschwerdekammer: keine Beschwerdebegründung eingereicht und keine Wiedereinsetzung in Beschwerdebegründungsfrist beantragt

  • 05.09.2023 Vertreterwechsel Beschwerdeführerin (Patentinhaberin); neuer Vertreter reicht Beschwerdebegründung ein und beantragt hilfsweise die Wiedereinsetzung in die Beschwerdebegründungsfrist

  • 23.01.2024 - umfassende Beschwerdeerwiderung der Beschwerdegegenerin (Einsprechende)

  • 10.05.2024 Ladung zur mündlichen Verhandlung und vorläufige Meinung der Beschwerdekammer

  • 09.09.2024 mündliche Verhandlung (Antrag auf Wiedereinsetzung in Beschwerdebegründungsfrist wurde zwingend gestellt).


In der Entscheidung der Beschwerdekammer wurde festgestellt, dass die den Umständen nach gebotene Sorgfalt bei der Versäumung der Beschwerdefrist nicht eingehalten wurde, da vom Standardprozedere bei der Fristerfassung abgewichen wurde (der Anwalt bearbeitete aufgrund der Urlaubszeit die Handakte bevor die Frist im Computer erfasst wurde und nicht ausreichend dafür Sorge getragen, dass die Frist nachträglich erfasst wird). Auch die Wiedereinsetzung in die Beschwerdebgründungsfrist war verspätet, da zumindest zum Zeitpunkt der Einreichung des ersten Wiedereinsetzungsantrags klar sein hätte müssen, dass auch die Beschwerdebegründung eingereicht werden hätte müssen. Tatsächlich hätte die Beschwerdebegründung wohl innerhalb der offenen Frist, sprich bis zum 12.05.2023, gemeinsam mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist eingereicht werden müssen, um ein zweites Fristversäumnis zu verhindern.


Im Ergebnis wurde damit der Widerruf des Streitpatents rechtskräftig und die Beschwerde gilt - mangels Erfolg des Wiedereinsetzungsantrags - als nicht eingelegt, weshalb die Beschwerdegebühr rückerstattet wurde. Dem hilfsweisen Antrag auf Rückerstattung der beiden Wiedereinsetzungsgebühren wurde nicht stattgegeben.


weiterführende Links