Auf der Kölner Kirchenbank erklärt der griechisch-orthodoxe Erzpriester des Ökumenischen Patriarchats in Köln-Deutz, Radu Constantin Miron, die orthodoxe Kirche und ihre Bedeutung. Was ist die orthodoxe Kirche in Deutschland? Was sind die zentralen Gedanken und wie sehen die Mitglieder sich im Hinblick auf ihren Gottesglauben? Fragen, über die Sammy Wintersohl mit Constantin Miron im Rahmen der Reihe Kölner Kirchenbank gesprochen hat. Es ist das zweite Mal, dass Constantin Miron auf der Kirchenbank Platz genommen hat. Im ersten Gespräch Anfang November 2020 sprach er über die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Deutschland (ACK), deren Vorsitzender Miron seit 2019 ist.
Als „Kirche der ersten Jahrhunderte“ bezeichnet Constantin Miron seine Glaubensgemeinschaft, als eine Kirche, die sich ihrer Wurzeln und Traditionen sehr bewusst ist, sich aber nicht von den anderen christlichen Kirchen abgrenzt. Gott auf „rechte Weise“ zu lobpreisen - diese Bedeutung steckt im altgriechischen Wort „orthodox“, das als „rechtgläubig“ übersetzt wird, in dem eben aber auch immer das „rechte Lobpreisen“ Gottes mitschwingt. „Das Wort ,rechtgläubig‘ ist ein Etikett, das uns angehängt wurde. Im Grunde sind wir alle katholisch, da wir ein allgemeingültiges Christentum vertreten und evangelisch, wenn wir aus dem Evangelium heraus leben,“ sagt Miron. Die Konfessionsbezeichnungen seien weder eine Abwertung, noch eine Abgrenzung, sondern eine geschichtliche Entwicklung, ist der Theologe überzeugt.
Dies ist eine geschichtliche Entwicklung, die auch die orthodoxe Kirche im Blick hat, die aber nicht, wie Constantin Miron betont, das im sonntäglichen Gottesdienst gesprochene, apostolische Glaubensbekenntnis außer Kraft setzt. „Das, was Petrus und Paulus vor 2.000 Jahren geglaubt haben, glauben auch wir. Unsere Gottesdienste sind voller Lobpreis. Sie können mit dem Morgengottesdienst, der in die Abendmahlfeier übergeht, durchaus auch drei Stunden dauern. Man kommt, wann man kann und bleibt dann hoffentlich bis zum Schluss“, erklärt er weiter.
Alles sei auf seine Weise „Heilige Schrift“ in diesen Gottesdiensten, so der Pfarrer und erläutert, dass es natürlich eine Predigt gibt, diese aber einen anderen Stellenwert als in evangelischen Gottesdiensten habe. Da der Gottesdienst in seiner griechisch-orthodoxen Gemeinde ein Stück Heimat sei, werde im Wesentlichen griechisch gesprochen, berichtet der Erzpriester. Doch die Entwicklung hin zu Gottesdiensten auf Deutsch sei im Gange.
Die Sakramente ähneln denen der römisch-katholischen Kirche. Die Taufe gehört dazu, die Krankensalbung, die Trauung und die Beichte. Bei der Trauung stehe nicht so sehr das Ja-Wort im Mittelpunkt als vielmehr der Segen, den das Paar empfange. Jedes Paar sollte allerdings als Voraussetzung das Sakrament der Taufe, egal in welcher Kirche, empfangen haben. „Kann einer der Partner nichts mit dem Glauben anfangen und ist nicht getauft, ist das theologisch schwierig. Hier suchen wir gerade nach einem Weg, damit umzugehen.“
Für ihn ist die orthodoxe Kirche ein „Wir“, das neben den Gläubigen aus einem dreigliedrigen Amt besteht, denn getragen werde die orthodoxe Kirche von Bischöfen, Priestern und Diakonen. In der Regel kommen die Bischöfe aus dem Mönchsstand, und sind unverheiratet. Ein Priester darf zwar nicht heiraten, doch ein verheirateter Mann kann zum Priester oder Diakon geweiht werden. „Diese Regelung bewährt sich seit Jahrhunderten. Diskutiert wird gerade, ob das Zölibat der Bischöfe sinnvoll ist und, ob eine Ordination von Frauen möglich werden kann. Diakoninnen in Alexandrien gibt es schon, doch die Ordination wird vermutlich noch auf sich warten lassen.“ Bei dieser Thematik habe die orthodoxe Kirche weder Denk- noch Sprechverbote. Ein ähnliches Amt, wie das des Papstes, gebe es in der orthodoxen Kirche nicht, führt der Erzpriester aus. Jedoch sei der Patriarch von Konstantinopel derjenige, der als „Gleicher unter Gleichen“ den Bischöfen des gesamten orthodoxen Christentums vorsteht.
Finanziert wird die Orthodoxe Kirche durch Spenden sehr engagierter Kirchenmitglieder, die sich mit ihrer Kirche identifizieren, da ihre Kirche zu ihrem Selbstverständnis des Lebens gehört. „Das Geheimnis dieser Identifikation kann ich gar nicht wirklich definieren“, gibt der Theologe zu und spricht davon, dass er den Konfirmations- und Kommunionsunterricht, den es in seiner Kirche nicht gibt, mit einem kleinen Hauch von Neid als gute Chance sieht, Kinder und Jugendliche für den Glauben zu begeistern - einen Glauben, den der Kölner Erzpriester, wie er zum Abschluss des Gesprächs noch einmal bestätigt, gar nicht mal so sehr mit der jeweiligen Konfession verbindet, sondern mit dem Dienst für Gott und für die Menschen.