Mit Hass an die Macht – die NS-Machtübernahme 1933


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Jan 25 2023 42 mins   6
Schmerz und Wut empfand Marie Juchacz rückblickend auf die politischen Entwicklungen von 1933. Als Frauenrechtlerin, Gegnerin und Verfolgte des NS-Regimes eröffnen ihre Worte die neue Folge von Listen to the Archive. Folge 4: Mit Hass an die Macht – die NS-Machtübernahme 1933. Listen to the Archive!

Vor 90 Jahren ernannte Reichspräsident Hindenburg am 30. Januar 1933 Hitler zum Reichskanzler: Diese Machtübertragung besiegelte das Ende der ersten deutschen Demokratie und ebnete der NS-Diktatur den Weg.

Auch für die Frauenbewegung bedeutet dies ihr vorläufiges Ende. Unmittelbar nach der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler begann die Koalitionsregierung aus NSDAP, DNVP und Stahlhelm mit dem Aufbau der NS-Diktatur. Im Zuge der sogenannten Gleichschaltung und ideologischen Umwälzung geriet die Frauenbewegung stark unter Druck: Ihre Organisationen mussten sich entweder NS-Verbänden anschließen oder auflösen, das passive Wahlrecht wurde Frauen entzogen, Berufsverbote eingeführt und z.B. der § 218 verschärft.

Der Jüdische Frauenbund begann, die Emigration jüdischer Frauen und Familien vorzubereiten und Schutzstrukturen aufzubauen, für u.a. lesbische Personen begann die „Zeit der Maskierung“ (Claudia Schoppmann). Viele Akteur*innen flohen ins Exil, wurden verhaftet, aus der Politik und dem öffentlichen Leben verbannt oder ermordet. Biografien wie die von Marie Juchacz, Lida Gustava Heymann, Anita Augspurg und Emmy Beckmann stehen in dieser Podcast-Folge stellvertretend für die zahllosen politisch bewegten Lebensgeschichten von Feminist*innen, die spätestens ab 1933 durch das neue NS-System starke Einschnitte und Repressionen erfuhren.

Andere versuchten sich mit dem NS-Regime zu arrangieren, profitierten und verstrickten sich mit diesem durch Mitläufer*innentum und (Mit-) Täter*innenschaft. Welche Auswirkungen dies auch auf spätere innerfeministische Debatten hatte, zeigen die Bestände des feministischen Bildungszentrums und Archivs DENKtRÄUME in Hamburg. Hier finden sich Forschungen, Zeitzeug*inneninterviews und Dokumente – darunter die Akte des Falles von Ruth Kellermann, einer ehemaligen Dozentin des Hamburger Frauenbildungszentrums. Ihre NS-Täterinnenschaft blieb bis 1985 unbekannt. Erst durch das Engagement der Rom und Cinti Union Hamburg und des Jüdischen Kulturzentrums Berlin wurde diese öffentlich – und innerfeministisch – thematisiert.

Diese Podcast-Folge begibt sich auf die Spuren der Frauenbewegungen vom Vorabend der Machtübertragung, über den Umgang der Frauenbewegung mit dem NS-Regime bis zu Auseinandersetzungen innerhalb feministischer Strukturen nach 1945.

Mit: Helga Braun (Sozialwissenschaftlerin, Mitbegründerin des feministischen Bildungszentrums und Archivs DENKtRÄUME in Hamburg), Sabine Hoffkamp (Sozialhistorikerin), Inga Müller (Historikerin, DENKtRÄUME) und Nicolli Povijac (Historikerin, DENKtRÄUME) sowie Lydia Struck (Kulturanthropologin, Sozialhistorikerin und Nachfahrin von Marie Juchacz).

Durch den Podcast begleitet Birgit Kiupel. Sie ist Bewegungs- und Radiofrau, Zeichnerin und promovierte Historikerin, DDF-Geschichtsexpertin in Hamburg und ausgemachte Kennerin der Archive. Sie führt durch Gespräche und Geschichten – mit dem richtigen Gespür für besondere Fundstücke aus den feministischen Archiven.
Neue Folgen von „Listen to the Archive. Der DDF-Podcast zu feministischer Geschichte“ erscheinen alle drei Monate. Zu hören überall dort, wo es Podcasts gibt.

Konzept: Birgit Kiupel, Steff Urgast
Schnitt/Mischung: Christian Alpen
Sound Design: Azadeh Zandieh