Frag den Paal: Gibt es ein Grill-Gen?


Episode Artwork
1.0x
0% played 00:00 00:00
Jul 13 2015 2 mins   394

"Evolutionsgeschichten" lassen sich schwer beweisen

Klar: Die genetische Bestimmung des Mannes ist das Anfachen der Glut, das Wenden des Steaks und natürlich das gleichzeitige Verlangen nach einem kühlen Bier. Tatsächlich hat sich die Evolutionsbiologie lange recht leicht damit getan, sich solche Geschichten auszudenken. Der Mann am Grill – das Relikt des steinzeitlichen Jägers, der seine Familie versorgt hat, der leise und vor allem schweigsam mit seinen Jagdgenossen erst auf die Beute gelauert und sie, als sie erlegt war, dann ebenso schweigsam auf dem Feuer gegart hat. Nur das Bier hat damals noch gefehlt … Nein, im Ernst: Bücher, die aus der Evolution erklären, warum Männer dies nicht können und Frauen jenes nicht, verkaufen sich zwar prima, aber das Problem mit dieser Art von Evolutionsgeschichten ist, dass sie sich selten beweisen lassen. Mal ein anderes Beispiel: Vor zwanzig Jahren hätte man sich überlegen können, welche steinzeitlichen Rollenmuster dazu führen, dass Fußball scheinbar ganz klar Männersache ist. Vielleicht weil in so einem Fußballspiel die steinzeitliche Kämpfernatur zum Vorschein kommt? Inzwischen hat sich die Frage aber fast schon erübrigt, denn in den letzten zehn Jahren hat sich die Zahl der weiblichen Fußball-Freaks verdoppelt – im Stadion wie auch vor dem Bildschirm. Und wenn jeder dritte Fan eine Frau ist – was soll dann noch die Frage nach der Evolution?

Tückischer Zirkelschluss

Und so kann es auch beim Grillen sein. Oft steckt dahinter eine gefährliche Logik: Der Mann am Grill ist das Abbild des Steinzeitjägers. Und woher weiß man , dass in der Steinzeit die Männer auf die Jagd gingen? Ist doch logisch, sonst würden sie heute nicht am Grill stehen. Zirkelschluss nennt man so etwas – und das ist in der Wissenschaft immer tückisch. Deshalb empfiehlt es sich, nach anderen Spuren zu suchen. Zum Beispiel: Wenn immer nur die Männer gejagt hätten – wie passt das dann dazu, dass durchaus steinzeitliche Frauen mit Messern und anderen Waffen bestattet wurden? Und wie erklären sich die weiblichen Handabdrücke neben den Höhlenmalereien der Steinzeit? Viele dieser Malereien zeugen davon, dass die Maler ihre Beutetiere sehr genau beobachtet haben. Wenn sich weibliche Handabdrücke neben diesen Tierabbildungen zeigen, könnte das dafür sprechen, dass Frauen bei der Jagd zumindest dabei waren. Die interessante Frage ist also vielleicht gar nicht: Warum stehen Männer so gerne am Grill? – Sondern eher: Warum ergötzen sie sich an solchen Geschichten aus der Steinzeit?