Ästhetische, freundliche Provokationen


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Nov 05 2023 62 mins   1

Alexander Karles Kunst wurde oft als "provokant" bezeichnet, zum Beispiel seine Performance "Pressure to perform", für die er Liegestütze auf dem Altar der Basilika in Saarbrücken gemacht hat. Dabei war die deutschlandweit bekannte Kunstaktion nie gegen die Kirche gerichtet.


Alex erzählt davon, dass eigentlich eine sehr feinsinnige Tiefe hinter der Idee steckte, wie die Performance zustande kam und wie sie inspiriert wurde. Obwohl er damals wie heute oft verurteilt wird - im sozialen, aber auch im juristischen Sinne - macht er immer weiter, lässt sich auch von Kritik, einschneidenden, negativen Erfahrungen oder auch einfach mal schlechten Tagen nicht davon abhalten. Seine Motivation scheint nie zu enden und wer ihn kennt, weiß, dass er vor Tatendrang und Energie nur so strotzt. Alex erklärt, wie er das macht, was ihn antreibt und empfiehlt sich vor allem nie nach Ansprüchen Anderer an sich selbst zu richten.


Die Kunst ist nicht nur sein größtes Talent, sondern auch sein Leben. Dabei bearbeitet er besonders gerne den öffentlichen Raum, kreiert Skulpturen, wie zum Beispiel die großen plattformartigen Elemente vor der Saarbrücker Europa Galerie. Alex arbeitet aber auch mit kleinen, zierlichen Pflanzen, erstellt sensible Installationen mit philosophischen Bedeutungen, malt auf Leinwände, aber auch auf riesige Betonwände, dreht Filme, fotografiert und erschafft Multimedia-Kunst. Er glaubt als Künstler auch eine große, gesellschaftliche Verantwortung zu tragen und sieht es als seine Aufgabe, die Gesellschaft, aber auch sich selbst stetig zu analysieren und reflektieren.


Er erklärt, wie speziell der künstlerische Blick auf städtische aber auch soziale Räume ist und macht deutlich, wie wichtig Kunst für die gesellschaftliche Weiterentwicklung ist. Dabei sagt er von sich selbst: "wollen, wollte ich mit den Kunstwerken nichts." Er stellt eher Fragen damit, konfrontiert auf ästhetische Art und Weise mit aktuellen sozialen Zuständen und betont aber, dass er selbst damit keine Feindschaften, sondern vielmehr eine neue Wahrnehmung verschiedener Themen forcieren will.


Ganz offen gibt er zu, mit wie wenige Geld er oft auskommen muss, sich selbst im neoliberalen Sinne nicht als erfolgreich bezeichnen würde, dass er aber enorm glücklich und dankbar dafür ist, Kunst machen können. Vielleicht ein viel erfolgreicheres Leben führt, weil er zufrieden ist. Diese Stabilität kommt auch durch seine behütete Kindheit, von der er erzählt. Obwohl er materiell gesichert aufgewachsen ist, hat er sich schon früh entschieden nicht mehr so viel konsumieren zu wollen, mit möglichst wenige Material viel zu schaffen, ohne dabei dogmatisch zu verzichten.


Skaten und der dazugehörige Lebensstil, die Stadt als Spielplatz anzusehen, sich befreit, spielerisch und kreativ auszuleben, hat ihn geprägt. Und dabei macht es ihm nichts aus, sich selbst, als "manchmal romantisch-naiv" zu bezeichnen. Es dauerte etwas, bis er an der Kunsthochschule angenommen wurde, dabei hat er schon vorher 7 Jahre lang Ausstellungen gemacht, mal mit Fotografie, mal mit Installationen und meistens mit viel Genuss. Er will im Saarland bleiben, gerade weil die Kunst, wie er sagt, hier oft nicht so ernst genommen wird, wie er es sich wünschen würde. Dafür hat er sogar mal das Angebot, in einem internationalen Künstlerhaus in Paris arbeiten und wohnen zu können, abgelehnt.


Intuition ist für ihn extrem wichtig, nicht nur in der Kunst auch im Leben. Erfahrungen, egal ob negativ oder positiv nimmt er als Inspiration in sein inneres Sammelsurium an Ideen auf. So zum Beispiel auch einen willkürlichen, gewaltsamen Übergriff auf ihn durch Polizisten in einer Kölner Polizeistation. Gerade, weil das "auch hätte böse ausgehen können", hat er sich danach geschworen, seine Lebenszeit zu nutzen, jeden Moment mit all seinen Facetten auszukosten. Alex weiß: Wir sind alle nur kleine Fürze im Universum, also genießt die kurze Lebenszeit, die ihr habt.