Vom Warten auf das Kommen des Herrn


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Mar 03 2025 10 mins   22

Wenn der Glaube müde wird



Der Glaube der Jünger ist müde geworden. Zum jüdischen Volk, zu den Auserwählten Gottes, gehören sie; und innerhalb dieses Volkes bilden sie noch eine Elite: Jesus, der Messias, hat sie zu seinen Schülern gemacht. Das stärkt das Selbstbewusstsein.



Aber eigentlich ist es doch so: Gott hat sich das kleinste und unbedeutendste Volk ausgesucht: einfache Handwerker, Viehhirten, Ackerbauern, Fischer, bestenfalls Kaufleute. Kein Vergleich mit den wirtschaftlich und kulturell haushoch überlegenen Griechen und Römern. Das vergessen die Juden nur allzu gern: ihr Ansehen vor Gott haben sie nicht sich selbst zu verdanken, das haben sie sich durch keine Leistung verdient.



Müde gewordener Glaube ist wie ein Baum ohne Wurzeln, ein Trieb, der zu schnell in die Höhe gewachsen ist. Fromme Juden halten viel auf ihre Kenntnis der Thora und ihren gottesfürchtigen Lebenswandel. Glaube ist nicht das Gegenteil von Wissen. Aber eine falsche Art von Wissen kann den Glauben, das Gottvertrauen, ersticken. Davor warnt Jesus die Jünger.



Die Bedeutung von Ostern auf den Glauben 



In den Geschäften werden wir bereits auf Ostern vorbereitet. Vor Ostern aber kommt Karfreitag, vor Jesu Auferstehung das Kreuz von Golgatha, vor dem Leben die Wahrheit.



Jesus lehrt, wie so oft, seine Schüler durch eine gleichnishafte Erzählung. Da sind Knechte, die auf die Rückkehr ihres Herrn warten. Dieser ist bei einem Hochzeitsfest und man weiß nicht, wann er wieder daheim sein wird. Die Knechte müssen wach bleiben, bis der Herr kommt, selbst spät in der Nacht. Soweit das Gleichnis.



Petrus aber sprach: „Herr, sagst du dies Gleichnis zu uns oder auch zu allen?“. Eine vielsagende Frage. Denn Petrus unterscheidet wie selbstverständlich zwischen „Wir“ und „Alle anderen“. Wir wenigen auserwählten „Frommen“ und die vielen Ungläubigen. Kommt das vielleicht irgendjemandem bekannt vor?



Müde gewordener Glaube ist oft herrschen wollender Glaube; Glaube als Deckmäntelchen für die Tatsache, dass man sich selbst für etwas Besseres hält. „Das ist ja eine interessante Geschichte, die du da erzählst, Jesus, aber uns Jünger kannst du ja wohl nicht meinen. Wir haben unsere berufliche Existenz aufgegeben, unsere Bequemlichkeiten, unsere Sicherheit, ja sogar unsere Familien zurückgelassen, um dir nachzufolgen: da müssen wir uns doch wohl von dir keine mahnenden Worte anhören?“



So ähnlich wird Petrus sprechen. „Wohl wahr, Petrus,“ wird Jesus antworten, „ihr habt einiges aufgegeben. Aber hat das auch eure innere Haltung verändert? Ein wilder Haufen von Individualisten, Sonderlingen, Eigenbrötlern und Egozentrikern seid ihr früher gewesen. Jetzt habt ihr euch vollkommen geändert. Nun seid ihr stattdessen eingebildet, hochnäsig und überheblich. Ist das vielleicht ein Fortschritt?“



In Jesus blickt Gott selbst auf uns, der bis in den hintersten Winkel unseres Herzens sieht. Ihm können wir nichts vormachen. Vor Ostersonntag kommt Karfreitag: alles, was uns von Gott trennt, muss ans Tageslicht kommen. Aber Karfreitag und Golgatha bedeutet noch ein zweites: Gott selbst vollbringt das, was kein Mensch tun kann. Er setzt die Sünde außer Kraft und beendet die Herrschaft des Bösen.



Was Jesus im Gleichnis über den Hausherren sagt, das gilt genauso von Gott. „Er wird sich schürzen und wird sie (die Knechte der Sünde) zu Tisch bitten und kommen und ihnen dienen“.



Gott will uns dienen



Gott wird mir, wird Ihnen dienen! Er hat es auf Golgatha schon getan. Glaube ich das? Traue ich Gott das zu? Das heißt meinen Glauben nicht einschlafen lassen.



Ermüdeter Glaube ist herrschen wollender Glaube. Es gibt aber noch eine andere Seite der geistlichen Ermüdung: den ängstlichen Glauben. Ich glaube, dass Jesus am Kreuz für mich gestorben ist. Ich weiß: das Tor zum Leben ist sperrangelweit geöffnet. Aber: ich trete nicht hindurch. Ich erlebe Karfreitag, aber ich dringe nicht durch zu Ostersonntag.



Ich komme nicht bis zur Auferstehung, nicht zum Leben. Das gibt es häufiger als man denkt und es ist kein neues Phänomen. Die Christen müssten erlöster aussehen, fiel schon dem Philosophen Nietzsche im 19. Jahrhundert auf. Ermüdeter Glaube ist ängstlicher oder gesetzlicher Glaube. Als Christ soll ich aber Gottes treuer und kluger Verwalter sein. Was heißt das?



Treu bin ich, wenn ich Gottes Willen erkenne und anerkenne. Mit Klugheit soll ich Gottes Willen umsetzen und tun. Mein persönlicher Alltag sieht leider meist ganz anders aus. Im Beruf fühle ich mich oft rastlos und getrieben. Nach Feierabend muss ich erst einmal zu mir kommen, mich sammeln. Die Pflege von Partnerschaft und Familie sehe ich manchmal als lästige Verpflichtung; Freundschaften, Freizeitaktivitäten und Engagement in der christlichen Gemeinde fallen schon mal ganz unter den Tisch.



Handelnder Glaube



Gottes Willen tun: frage ich eigentlich danach? Oder geht es mir eher wie dem Apostel Paulus? Der gesteht in seinem Brief an die Römer: „Ich weiß um das Gute, tue aber das Böse, das ich nicht tun will. Ist es da nicht besser, nichts zu tun, als das Falsche zu tun?“ „Nein“, sagt Jesus, „denn: wem viel anvertraut ist, von dem wird man umso mehr fordern“. Mit anderen Worten: es gibt nichts Gutes, außer man tut es.



Tätige Klugheit, das ist das Gegenteil von Ängstlichkeit und Gesetzlichkeit. Das ist auch nicht Cleverness und Bescheidwissen. Tätige Klugheit ist durch den Heiligen Geist geschenkte Weisheit. Vom treuen und klugen Verwalter wird gesagt, dass er „zur rechten Zeit gibt“, was einem jeden Einzelnen zusteht. Umgekehrt kann ich vom Heiligen Geist sagen: Gott schenkt mir durch ihn zum richtigen Zeitpunkt das, was ich gerade brauche.



Der herrschen wollende Glaube etlicher frommer Juden hat böse Folgen. Er führt zur Unterdrückung und Ausbeutung des Volkes. Der ungerechte Herrscher „fängt an, die Knechte und Mägde zu schlagen, auch zu essen und zu trinken und sich voll zu saufen“. So übersetzt Luther mit drastischen Worten. Das darf nicht sein, sagt Jesus.



Der ängstliche Glaube dagegen ist unglücklich mit der bestehenden Wirklichkeit und hofft auf eine bessere Zukunft, die er zugleich herbeisehnt und fürchtet. Auf der einen Seite ein gewissenloses Handeln, andererseits ein skrupelloses Nichtstun. Beiden gemeinsam ist: das „Ich“ steht im Mittelpunkt. „Ich will, also wird es gemacht“; oder aber: „Ich will nicht mehr.“ In beiden Fällen glaube ich an mich, nicht aber an Jesus Christus.



Durch einen wachsamen und wachen Glauben an ihn werde ich zu einem treuen und guten Verwalter Gottes. Sein Geist schenkt mir Wahrhaftigkeit und Leben.


Autor: Nils Bremer





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