Georg Fülberth: Der Bruch der sozialliberalen Koalition & der Triumph des ungebremsten Kapitalismus?


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Jul 13 2024 56 mins   6 0 1
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Aufzeichnung vom 14. November 2023, aus der Kopenhagener Str. 9 in Berlin

Vortrag bei der Konferenz "1982 ff.: Der verhaltene Weg in den Neoliberalismus. Die bundesdeutsche "Erfolgsgeschichte" mit langem Atem"

1982 wird Kohl nach dem Umfallen der FDP Bundeskanzler und löst mit seiner Regierung die sozialliberale Koalition ab, 1983 gewinnt er die Bundestagswahl. Es scheint möglich, den neoliberalen Kurswechsel von Thatcher und Reagan auch in Deutschland zu wiederholen. Der Vorstoß bleibt aber zaghaft. Noch ist die Stimmung im Lande dafür nicht reif, noch scheint die DDR vor der Tür mit ihrem alternativen System das wichtigste Gegenargument zu sein. Das sollte sich alles erst mit der gescheiterten antistalinistischen Revolution in der DDR und der Flucht des ganzen Landes unter die Fittiche der kapitalistischen BRD ändern. Endlich hatte die neoliberale Politik ein Experimentierfeld in einer angeschlagenen, bald zerschlagenen ostdeutschen Transformationsgesellschaft. Was dort experimentiert wurde, sollte alsbald die Realität des vereinten Deutschlands zwischen Rhein und Oder bestimmen.

Vier Jahrzehnte später wollen wir zurückblicken. Die Langzeitwirkungen dieses Kurswechsels in Deutschland wie in der gesamten westlichen Welt sind unübersehbar. Betriebswirtschaftliches Denken für den maximalen Profit zerstört volkswirtschaftliches Herangehen und den sozialen Anspruch, die soziale Rückversicherung eines effektiven Kapitalismus. Das Individuum und seine freie umfassende Entfaltung auch zu Lasten der anderen Gesellschaftsmitglieder bestimmt zunehmend zerstörte gesellschaftliche Bindungen und Verhältnisse. Das Schwinden von Solidarität, Zusammengehörigkeitsgefühl, der Bereitschaft der Ausgebeuteten, ihr individuelles Schicksal mit denen ihrer Leidensgenossen zu verknüpfen, trägt zur Selbstzerstörung linker, sozialorientierter Gegenmacht im Kapitalismus bei und vertieft den Bruch, der mit dem Untergang des Realsozialismus das Ende auch des "sozialdemokratischen Jahrhunderts" eingeläutet hat.

Programm:

* Dr. Stefan Bollinger: Das Ende der bipolaren Weltordnung und der vermeintliche Triumph eines Gesellschaftsentwurfs – der Weg zur scheinbar monolithischen unipolaren Welt am "Ende der Geschichte"

* Prof. Dr. Georg Fülberth: Der Bruch der sozialliberalen Koalition und der Triumpf eines ungebremsten Kapitalismus?

* Dr. Florian Weis: Rammbock Thatcher: Deregulierung gegen Gewerkschaftsmacht und Sozialstaat

* Dr. Frank Thomas Koch: Die neoliberale Zurichtung der "Neuen Bundesländer"

* Dr. Holger Czitrich-Stahl: Die linke Gegenmacht kapituliert vor der neoliberalen Wende?